
Grundlagen der Rhythmusgitarre in Big Band, Combo und Orchester
Grundlagen der Rhythmusgitarre in Big Band, Combo und Orchester
LEHRProgramm gemäß § 14
JuSchG mit DVD
8
13, 14
7. Upstroke-Downstroke als Bass-Akkord 20 8. Shufe (Achtel)
21, 22, 23 9. Perkussiver Shufe à la Django Reinhardt 35 24, 25 10. Triolen (Triplets)
26, 27 11. Tremolo
28 12. Percussion-Imitaton
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Danksagung
Dieses Buch ist allen gewidmet, die Rhythmusgitarre lernen, spielen und schätzen.
Danke an alle Kollegen, Workshop-Dozenten und -Teilnehmer, die mich mit Anregung, Kritk und Inspiraton unterstützt haben, allen voran James Chirillo, Michael Petersen, Bucky Pizzarelli und Malibu Gordes, der u.a. die richtge Idee für die Playbacks hate.
Meiner Frau gilt der größte Dank: Ohne ihr Verständnis und ihre Unterstützung häte dieses Buch – wie auch manch anderes – nie das Licht der Welt erblickt.
Bei meinem Verleger Peter Finger möchte ich mich für das Vertrauen in das Projekt und die Geduld bedanken.
Dieses Buch richtet sich an Gitarristen, die authentsch Rhythmusgitarre in Bigbands, Combos (kleinen Besetzungen) und Orchestern spielen möchten, mit diesem Stl berufich z.B. bei Theaterproduktonen oder Orchesterprojekten zu tun haben oder ganz einfach neugierig auf diese Spielweise sind. Es setzt einige Grundkenntnisse auf dem Instrument und der allgemeinen Jazzbzw. Musiklehre voraus, u.a. (englische) Begrife wie „Downstroke“, „II-V-I“, oder „fat5“. Wen nun das Gefühl beschleicht, dass bei ihm die eine oder andere Wissenslücke klaft, kann natürlich trotzdem einfach loslegen und sich diese Informatonen später holen, z.B. aus den
Die Rhythmusgitarre ist eng mit der Entwicklung des Jazz verbunden und erlebte ihre Blüte mit dem Aufommen des Swing und der Bigbands ca. Mite der 1930er-Jahre. Sie blieb populär, auch als der Bebop ab den 40er-Jahren den Jazz erneuerte oder als der Cool Jazz in den 50ern die Bühnen der Jazzclubs eroberte. Erst im Jazzrock der 70er und in der Fusion-Musik der 80er-Jahre fand diese Art der Begleitung keine Verwendung mehr. Heute jedoch hat sich die Rhythmusgitarre ihren berechtgten Stellenwert zurückerobert und feiert ein Comeback, sei es beim Swing-Revival oder im Gypsy-Jazz, bei dem sie nie aus der Mode gekommen und sogar stlprägend ist. Manche bezeichnen sie als den Kit bzw. das Herz jeder Rhythmusgruppe und wenn in kleinen Formatonen wahlweise Schlagzeug, Bass oder Klavier nicht besetzt sind, gibt erst diese Art des Gitarrespielens Solisten und Sängern ein sicheres Fundament aus Rhythmus und Harmonien. Wie selbstverständlich spielen deshalb auch moderne Vertreter des Mainstream-Jazz wie Russell Malone, Howard Alden oder John Pizzarelli in diesem Idiom.
Freddie Green (hier mit seiner Epiphone Emperor) und seinem „Boss“ Count Basie am Piano, Bassist Walter Page und Schlagzeuger Jo Jones, die zusammen als beste Rhythmusgruppe der Welt galten.
am Ende dieses Buches genannten Quellen. Mit Rhythmusgitarre ist die Art des Spielens gemeint, die mitunter auch Plektrum- oder Schlaggitarre genannt wird und zum Standardrepertoire versierter (Jazz-)Gitarristen gehört: Auf einer mit Stahlsaiten bespannten, akustsch klingenden, aber mitunter elektrisch verstärkten Gitarre (Archtop, Maccaferri, Western o.ä.) wird ein einfacher und präziser Groove kreiert, der das Zusammenspiel jeder Band befördert, aber wegen seines Sounds auch alleine gespielt gut klingt. Die wichtgsten Elemente sind:
– Anschlag mit Plektrum (meist in Vierteln), – Einfache Akkorde (meist nur aus drei Tönen bestehend), – Abdämpfen und Betonen (Zusammenspiel von linker und rechter Hand).
Dieses Buch ist durch meine Liebe zu diesem Stl, durch Recherchen und vielfaches Transkribieren, aber auch durch meine langjährige Tätgkeit als Gitarrist im Palast Orchester mit dem Sänger Max Raabe (seit 1996) inspiriert worden. Es zeigt die große Bandbreite der Rhythmusgitarre unter besonderer Berücksichtgung von rechter und linker Hand – also der verschiedenen Anschlags- und Abstopptechniken – und der für die Praxis wirklich wichtgen Akkorde.
Einfuss auf die Entstehung des Buches haten natürlich auch die unzähligen Jobs in Bigbands, kleinen Besetzungen und Theaterproduktonen sowie meine Tätgkeit als Dozent bei Workshops, die ich gegeben oder organisiert habe, wie dem jährlichen „Workshop Jazzguitar Provence“. Der Austausch mit anderen Gitarristen – allen voran Bucky Pizzarelli, James Chirillo oder Michael Pettersen – waren und sind eine unendliche Quelle an Inspiraton, Freude und Bestätgung. Rhythmusgitarre zu spielen ist cool und macht Spaß! „A good rhythm makes everybody happy“, sagte mir einmal Bluesgitarrist
Robben Ford anlässlich eines Workshops in München in den 80er-Jahren. Und Tommy Tedesco, der wahrscheinlich meist aufgenommene Gitarrist der Welt, weist in seiner Biografe „Anatomy Of A Guitar Player“ darauf hin, dass seine Arbeit im Studio fast nur aus dem Spielen von Rhythmusgitarre bestand. Freddie Green spielte sein Leben lang (fast) nichts anderes als „four to the bar“ (mitunter auch als „four to the foor“ bezeichnet) und ist die Stlikone der Rhythmusgitarre, nach dem dieser Stl mitunter auch benannt wird. Emily Remler drückt dasselbe aus, wenn sie in einem Lehrvideo sagt: „One of the most important things is rhythm...“ und an anderer Stelle bemerkt sie lakonisch: „Swing is always cool“.
Als ich das erste Mal in einer Bigband spielte, schrammelte ich die mir bekannten Barré- und Jazzakkorde (meist vierstmmige, sogenannte Drop-Three- oder DropTwo-Chords) mit möglichst allen in der Gitarrenstmme stehenden Erweiterungen und Alteratonen und wunderte mich, dass es so gar nicht nach Count Basie, Duke Ellington oder wenigstens alten Tanzorchestern aus den 20er- und 30er-Jahren klang. Bei schnellen Akkordfolgen schafte ich kaum die komplizierten Grifwechsel und verstand weder den Unmut des Pianisten, dem ich mit Tönen auf meinen hohen Saiten dauernd in die Quere kam, noch den des Bassisten, den ich durch meine unmusikalische Basslinie auf der tefen E-Saite irriterte. Dabei ist es so einfach, einen guten Rhythmus auf der Gitarre zu spielen: auf jedem Viertel ein „Downstroke“, also Abschlag mit der rechten Hand, leicht zu greifende Akkorde, meist aus drei, manchmal auch nur aus einem Ton bestehend, und das Abstoppen der Saiten mit der linken Hand. Mehr braucht es nicht. Kollegen oder Bücher, die mir bei meinen Anfängen hätten helfen können, waren rar. Und so begann ich, Gitarristen, Bands und Orchester genauer zu studieren und Gitarrenstmmen zu transkribieren – soweit sie hörbar waren. Gleichzeitg verschlang ich alles, was an Noten zu der Zeit erhältlich war: von Oscar Kleins „Band Guitar“ über W. L. Leavits „Modern Method for Guitar“ bis zu den Gitarren-Charts der Count Basie Bigband. Ganz nebenbei legte ich mir so eine Sammlung historischer Gitarrenschulen, Bigband-Noten und Jazzbücher an. Ich merkte schnell, dass ofene, weite Akkorde mit maximal drei oder vier Tönen besser klangen und in der Rhythmusgruppe wohlwollender aufgenommen wurden als Barré-Akkorde und komplizierte Grifgebilde mit möglichst vielen Zusatztönen. Gitarristen, die ich
mir zunächst anhörte – u.a. Herb Ellis, Freddie Green, Allan Reuss, Eddie Lang, Django Reinhardt – haten eine bemerkenswerte Bandbreite von Anschlägen, je nach Tempo, Stl und Persönlichkeit. Und je mehr ich mich mit weiteren Gitarristen wie z.B. Nappy Lamare, Barney Kessel, Tal Farlow oder auch Mundell Lowe und Bucky Pizzarelli befasste, umso mehr erkannte ich, dass jeder Gitarrist seine eigene, individuelle und unverwechselbare Art besitzt, Rhythmus zu spielen.
Dieses Buch deckt nicht das „Strumming“ mit seinen verschiedenen Patern ab, eine gern und of benutzte
Spielweise z.B. von Singer/Songwritern oder (Pop-)Arrangeuren. Auch die Rhythmusgitarre im Rock mit ihren verzerrten Powerchords, im Funk mit synkopierten 16-tel Rhythmen oder beim Blues bzw. Rhythm ’n’ Blues mit seinen mitunter ostnaten Begleitpatern sind hier nicht Gegenstand der Betrachtung. Brasilianische Bossaund Sambabegleitung auf der klassischen Gitarre wird erwähnt, aber nicht behandelt, genauso wie das an Pianisten angelehnte Spiel ohne durchgehende Viertel aber mit moderneren Voicings, das auch als „Comping“ bezeichnet wird. Die Darstellung der Begleitmöglichkeiten durch die „Chordal Guitar“ à la George Van Eps, Allan Reuss oder Bucky Pizzarelli würden den Rahmen dieses Buches ebenso sprengen. Es geht (fast) ausschließlich um die begleitende Funkton der Rhythmusgitarre.
Viel Spaß und Erfolg und keep swingin’!
Als sich im New Orleans des ausgehenden 19. Jahrhunderts aus Blues, Spiritual, Field Holler, Ragtme, Vaudeville, Marschmusik und europäischer Kunstmusik der Jazz entwickelte, war die arbeitsteilige Trennung von Instrumenten bzw. Instrumentengruppen Voraussetzung: Es gab die Melodie spielenden oder verzierenden, später improvisierenden Blasinstrumente wie Trompete, Klarinete und Posaune und die „Time“ bzw. Puls gebenden Rhythmusinstrumente wie Schlagzeug und Bass bzw. Tuba. Neben dem Klavier konnten Banjo und Gitarre sowohl Rhythmus- als auch Melodiefunktonen übernehmen. Die of geäußerte Meinung, dass nur das Banjo, nicht aber die Gitarre an der Entstehung des Jazz beteiligt war, kann durch zahlreiche Abbildungen aus dieser Zeit widerlegt werden. Viele frühe Jazzbands sind mit Gitarre stat Banjo abgelichtet, wie z.B. „The Original Superior Orchestra“, „The Peerless Orchestra“, „The
Eagle Band“, „The Woodland Band“ oder die unten abgebildete Band von Buddy Bolden (weitere Fotos fndet man im Buch „Jazz – A History Of America’s Music“ von Geofrey C. Ward und Ken Burns, das auch verflmt wurde und auf DVD erhältlich ist). Wie wichtg die Gitarre für den neuen Musikstl war, lässt sich auch in der Biographie des selbsternannten „Erfnders des Jazz“ Jelly Roll Morton nachlesen. Er war nicht nur Pianist, Komponist, Arrangeur und Bandleader, sondern darüber hinaus auch bis zum Aufauchen von Bud Scot der – wiederum selbsternannte – beste Gitarrist von New Orleans (Jelly Roll Morton und Alan Lomax: „Dr. Jazz – Eine Autobiographie“). Bei der ersten Aufnahme von Jazzmusik auf Schellackplate 1917 (ironischerweise mit der aus Weißen bestehenden „Original Dixieland Jass Band“) kam jedoch das Piano als Harmonieinstrument zum Einsatz.
Hörtpp:
Original Dixieland Jazzband: „Livery Stable Blues“ (1917)
Mit dem Aufommen neuer Modetänze in den 60erJahren eroberte sich die Gitarre ihren Platz in der Rhythmusgruppe zurück. Ob Bossa oder Samba, Rhumba oder Cha-Cha-Cha, stets ist die Gitarre der Kit zwischen Harmonie, Rhythmus und Melodie mit ihren „sophistcated“ Voicings und ihrer mal am Puls, mal an der Clave angelehnten Spielweise. Kein Unterhaltungs-, Radio- oder später Fernsehorchester von Rang verzichtete mehr auf die Gitarre!
cHörtpp:
RIAS-Tanzorchester (Ltg.:Werner Müller): „Dobs Boogie“
Mit der Etablierung des Jazz als „Kulturgut“ – studiumund diplomfähig – sowie den Retro-Wellen von Swing und Lindy Hop, aber auch mit der Gründung vieler Schul- und Hochschul-Big-Bands bei uns in Europa und weltweit, blüht auch wieder das Interesse an Funkton und Spielweise der „traditonellen“ Rhythmusgitarre auf. Leider sind die alten Meister inzwischen fast alle verstorben und können ihr Wissen nicht mehr weitergeben. Manch „alte Hasen“ jedoch, wie Bucky Pizzarelli,
cHörtpp: Russell Malone: „For Toddlers Only“
sind noch sehr aktv und haben die nächste Generaton von (Rhythmus-)Gitarristen wie z.B. Howard Alden oder Frank Vignola geprägt. Zusammen mit Gitarrenkollegen eines Kalibers wie Mark Whitield, James Chirillo oder Russell Malone beweisen sie bei Aufriten, auf CDs oder in Workshops, dass sie nicht nur die Spielweise der traditonellen Rhythmusgitarre beherrschen, sondern sie auch in ihr modernes Spiel integrieren können.
„Mit einem guten Rhythmusgitarristen zusammenzuspielen ist wie mit Servolenkung zu fahren – es geht auch ohne, aber mit ist es einfacher und sicherer.“
Vincent Riewe, Schlagzeuger des „Palastorchester mit seinem Sänger Max Raabe“
“I
don’t try to play those big ’concert’ chords. I play just a couple of notes, sometimes just one, but it sets the sound of the chord. When you try to play those big chords, it can make the whole band drag.” Freddie Green in einem Interview, zitert auch in seiner Biografe „Rhythm Is My Beat“
Für einen authentschen Sound auf der akustsch gespielten Archtop, wie z.B. meiner Epiphone Deluxe aus den 40er-Jahren (übrigens Bucky Pizzarellis erste Gitarre!) sind dicke Bronzesaiten (.013 oder .014 auf .056 oder mehr) die erste Wahl. Saiten aus Phosphorbronze klingen zwar wunderbar crisp, sind aber nicht so authentsch, da sie erst ab den 70er-Jahren auf den Markt kamen. Wird die Gitarre über einen Tonabnehmer abgenommen und auch verstärkt gespielt, eignen sich „Nickel Round Wound“-Saiten, weil sie einerseits den Unterschied zwischen den reinen Stahlsaiten im Diskant (E- und B-Saite) und den umsponnenen vier tefen Saiten (G, D, A, E) nicht so stark hervortreten lassen wie die Bronzesaiten, aber andererseits noch laut genug sind, um akustsch befriedigend durchzudringen. Ich benutze z.B. auf meinem „Working Horse“ im Palast Orchester –ein D’Angelico-Nachbau von Stefan Sonntag – einen fertg konfektonierten Satz „Nickel Round Wound“ mit den Stärken .013-.017-.026-.036-.046-.056.
Flatwound-Saiten (am liebsten aus der bekannten Wiener Produkton) sind für mich die erste Wahl bei der elektrisch verstärkten Jazzgitarre, aber wegen des dumpferen Klanges und der geringeren Durchsetzungsfähigkeit für die akustsche Jazz- oder Plektrumgitarre – und den damit verbundenen Stlen – weniger geeignet. Auf der 7-saitgen Gitarre benutze ich eine besondere Art von Flatwounds, nämlich mit Nylonband umwickelte sogenannte „Black Nylons“ oder „White Nylons“ einer amerikanischen Firma, die allerdings intonatonsmäßig nicht leicht zu handhaben sind.
Die Saitenlage bei der akustschen Rhythmusgitarre ist selten bequem-niedrig, sondern hoch bis extrem hoch, um eine größere Lautstärke zu erreichen. Bei Freddie Green passte ein Finger im 12. Bund zwischen Saiten und Grifbret, was man in Filmaufnahmen oder auf Fotos sehen kann. Der gemessene Abstand zwischen seiner tefen E-Saite und dem Grifret betrug 12 mm! Als ich in den 70er-Jahren zum ersten Mal im „Chope des Puces“ in Paris eine Gypsy-Jazzgitarre des Gitarrenbauers Favi-
Monel-Saiten (mit einer Legierung aus Kupfer und Nickel), die in den 30er- bis 70er-Jahren in Amerika produziert wurden und mitunter zur Standardausrüstung ab Werk z.B. bei Gibson gehörten, sind in Folge eines Revivals u.a. als „Nickel-Bronze-Saiten“ wieder erhältlich und eignen sich sowohl für die akustsche wie die elektrisch verstärkte Archtop. Ich spiele sie zur Zeit auf meiner Gibson L-5 von 1928 und stelle mir vor, dass Eddie Lang ähnlich geklungen haben muss.
Sogenannte Halfround-Saiten liegen klanglich zwischen Roundwounds und Flatwounds, sind also weicher im Ton und produzieren weniger Nebengeräusche als Roundwounds. Andererseits sind sie durchsetzungsfähger als Flachdrahtsaiten, ganz gleich ob diese mit Nickel oder Chrom umwickelt sind.
Auf Django-Gitarren werden traditonell dünnere, silberumsponnene Saiten (.010/.011) verwendet, weil die wegen der längeren Mensur erhöhte Saitenspannung schon für genügend dynamische Reserven sorgt. An den markanten Umwicklungen der „Loop-Ends“ oder „BallEnds“ erkennt man die von Django Reinhardt bevorzugte französische Firma dieser Saiten, die von den meisten Gitarristen im Gypsy-Jazz gespielt wird.
no von den dort aufretenden Musikern in die Hand gedrückt bekam, hielt ich sie für unspielbar: Die Saitenlage war extrem hoch, genauso wie die Spannung der Saiten aufgrund der langen Mensur. Auf der elektrisch verstärkten Rhythmusgitarre genügt eine „normale“ Saitenlage, da sowohl Sound als auch Spielweise nichts anderes erfordern. Trotzdem bevorzugen manche Gitarristen auch auf der elektrischen Jazzgitarre wegen des „Feelings“ eine etwas höhere Saitenlage.
3. Legato-Staccato-Anschlag (lang-kurz-lang-kurz)
Bei dem von mir so bezeichneten Legato-Staccato-Anschlag werden die Zählzeiten 1 und 3 meist etwas länger und unbetonter gespielt, während die 2 und 4 kürzer und akzentuierter klingen. Die Übergänge zu den bisherigen Anschlägen 1 und 2 sind je nach Gitarrist fießend. Werden die 1 und 3 zu schwach oder gar nicht gespielt, entsteht ein „Two Beat“-Feeling, das stlistsch nicht im-
mer passt. Zu breit und/oder laid-back gespielte Zählzeiten 1 und 3 lassen diesen Anschlag schnell „latschig“ klingen, was die Ursache dafür sein kann, dass kein richtges Swingfeeling entsteht. Bei Tal Farlow klingen die 2 und 4 bei einigen Aufnahmen so perkussiv, dass ich diese Variaton weiter unten extra auführe.
Lautmalerische Umschreibung: „duhm-tschick-duhmtschick“.
Grundanschlag 3 / 86 bpm / D’Angelico
Intro zu „It Don’t Mean A Thing If I Ain’t Got That Swing“ in G-Moll
Grundanschlag 3 / 160 bpm / D’Angelico
Hörbeispiele:
Maurice White (?) mit Cab Calloway: „Kickin’ The Gong Around“ (langsame A-Teile, 106 bpm)
Mike Danzi (?) mit dem UFA-Orchester und Heinz Rühmann: „Ich brech’ die Herzen...“ (110 bpm)
Bucky Pizzarelli mit Howard Alden: „Wrap Your Troubles In Dreams“ (102 bpm)
Mark Whitield („Kansas City Allstars“): „King Porter Stomp“ (besonders ab 2:02, 172 bpm)
John Pizzarelli („P.S. Mr. Cole“): „Candy“ (A-Teile, 92 bpm)
Helmut Nieberle mit Charlie Meimer: „If You Didn’t Cry“ (112 bpm)
Dieser Akkord hat verschiedene Bezeichnungen, die manchmal mehr verwirren als Klarheit bringen. Neben den oben erwähnten Kennzeichnungen fnden sich z.B. auch ein hochgestelltes Dreieck und in älteren Big-BandNoten eine „7+“ hinter dem Akkordnamen, was natürlich leicht für einen Septakkord mit übermäßiger Quinte gehalten werden könnte. Welche Bezeichnung sich auch immer Bearbeiter (oder ihre Kopisten?) ausdenken: Der gemeinte Akkord beinhaltet immer Grundton, große Terz, reine Quinte und große Septme (1-3-5-maj7) und muss als Three-Note-Chord um einen Ton reduziert werden.
Sowohl in Grundstellung (1-maj7-3) als auch in Quintstellung (5-3-maj7) beinhaltet der für die Rhythmusgitarre benutzte Major-Septakkord die Septme und klingt
daher relevanter als die Terzstellung (3-1-5), die griftechnisch und klanglich identsch ist mit der Terzstellung des Dur-Dreiklanges, des Sext- und – wie wir später sehen werden – auch des Dominantseptakkordes. In Quintstellung ist der Akkord grundtonlos. Die drite Umkehrung mit der Septme im Bass hat als Rahmenintervall eine kleine None, die eine starke Dissonanz darstellt und darüber hinaus typisch für den alterierten Dominantseptakkord ist. Sie ist deshalb als Rhythmusakkord nicht geeignet.
Der Major-Septakkord bietet sich an, wenn er z.B. im Wechsel mit dem Sextakkord gespielt wird, wodurch eine kleine Melodiebewegung auf der G-Saite entsteht (s. hierzu die Übung zu II-V-I-Verbindungen). Vorsicht in der Verwendung ist geboten, wenn der Grundton des Stückes Teil der Melodie ist. Die Sekundreibung mit der großen Septme kann stlistsch unpassend klingen.
Grundanschlag 2 / 107 bpm / D’Angelico
Bucky Pizzarelli beim „Workshop Jazzguitar Provence“ mit einer Gitarre von Stefan Sonntag. Sein Kollege Joe Cocuzzo, mit dem er u.a. beim „New York Swing“ gespielt hat, sagt über ihn: „Bucky is no doubt in the traditon of Freddie Green the greatest rhythm guitarist in the world. Rhythm guitar is an art form understood by so few, but is alive and well with Bucky.“
Die Übung hierzu folgt dem Quintenzirkel und beginnt in jeder Tonart mit dem tefstmöglichen Grifild, wechselt mit jedem neuen Takt zur nächsten Umkehrung, um im vierten Takt zum gleichen Grif des zweiten Taktes zurückzukehren.
Der Moll-Sextakkord hat zusätzlich zu den Tönen des Moll-Dreiklangs (Grundton, kleine Terz, reine Quinte) noch die große Sexte und kommt deshalb in Stücken, in denen die kleine Sexte in Melodie und Harmonik verwendet wird, eigentlich nicht zum Einsatz. Trotzdem setzen ihn Musiker z.B. im Gypsy-Jazz ein, um vor allem durch den Wechsel mit Akkorden aus der Harmonik von Natürlich und Harmonisch Moll eine spannungsreiche-
re Begleitung zu kreieren. Insgesamt werden vier Grifbilder verwendet, von denen uns zwei bereits bekannt sind: Die erste Umkehrung des Moll-Sext-Akkordes (ohne Sexte!) ist identsch mit der ersten Umkehrung des Moll-Septakkordes (ohne Septme). Die drite Umkehrung des Moll-Sext-Akkordes mit der Sexte im Bass haben wir als Moll-Septakkord in Grundstellung kennengelernt. Lediglich bei der zweiten Umkehrung handelt es sich um einen „neuen“ Grif.
3, La Pompe / 120 bpm / Django-Gitarre
Der Amerikaner Mike Danzi spielte Banjo, Gitarre und Hawaiigitarre in führenden Orchestern der 20er- und 30er-Jahre in Berlin (u.a. bei Paul Abraham, Kurt Weill, Dajos Béla, Marek Weber, Bernard Eté), machte Filmmusik und fast 17.000 Platenaufnahmen, spielte 1938 live im Deutschen Fernsehen, das damals noch in den Kinderschuhen steckte, und war bis 1939 Mitglied im Orchester des Scala Theaters. Zunehmende Fremdenfeindlichkeit und Schwierigkeiten mit dem Naziregime, z.B. wegen der Verweigerung des Hitlergrußes, veranlassten ihn dazu, im Oktober 1939 in seine Heimat zurückzukehren, kurz vor Eintrit der USA in den Zweiten Weltkrieg.
Die Übungsstücke beginnen einfach und steigen im Schwierigkeitsgrad an. Sie dienen einerseits dazu, ein kleines Repertoire aufzubauen, aber auch um Erfahrung beim Spielen der verschiedenen Anschlagsarten in der Praxis zu erlangen. Es folgt als erstes Stück ein einfacher Quick-Change-
Blues in G (also mit der Subdominante C7 im zweiten Takt), in dem ausschließlich Dominantseptakkorde ganztaktg gespielt werden. Und zwar zuerst in der Grundstellung (Blues #1), dann in Terz- (Blues #2) und schließlich in Quintstellung (Blues #3). Im abschließenden Beispiel (Blues #4) werden diese drei Formen dann gemischt.
Grundanschlag 1 / 92 bpm / ES-165
Wiederholung dient als Playalong
Grundanschlag 2 / 112 bpm / ES-165
Wiederholung dient als Playalong
Die Tatsache, dass sich einige der vorgestellten Grifbilder bei den Umkehrungen der verschiedenen Harmonien wiederholen, kann man sich zunutze machen. Schließlich braucht man nur ein Grifild zu lernen und kann damit direkt mehrere Akkorde abdecken. Welche
das genau sind und welche Harmonien sich mit lediglich sechs Grifen „bedienen“ lassen, zeigt die folgende Tabelle mit den verschiedenen möglichen Akkord-Bezeichnungen ein und desselben Grifes:
– 1. Umkehrung des Durdreiklanges mit der Terz im Bass
– 1. Umkehrung des Sextakkords ohne Sexte
– 1. Umkehrung des Major-7-Akkordes ohne große Septme
– 1. Umkehrung des Dominant-7-Akkordes ohne kleine Septme
– 2. Umkehrung des Moll-7-Akkordes ohne Grundton
– Grundstellung des Sextakkordes
– 2. Umkehrung des Major-Septakkordes
– 1. Umkehrung des Moll-Dreiklangs
– 1. Umkehrung des Moll-Septakkordes
– 1. Umkehrung des Moll-Sextakkordes
– 1. Umkehrung des alterierten Dominantseptakkordes
– 2. Umkehrung des halbverminderten Akkordes
– Grundstellung des Dominantseptakkordes
– Tritonusvertauschte Dominante von der #11/b5 aus
3-1-5
3-1-5
3-1-5 3-1-5
5-b3-b7
1-6-3
5-3-maj7
b3-1-5
b3-1-5
b3-1-5
3-b9-b13
b5-b3-b7
1-b7-3
#11-3-b7
G6 Cmaj7 Em Em7 Em6 Eb7(alt.) Dbm7b5
F#7
C7#11 / C7b5
– 2. Umkehrung des Dominantseptakkordes
– Grundstellung des Moll-Sextakkordes
– 1. Umkehrung des halbverminderten Septakkordes,
– alterierter Dominant-Sept-Akkord mit der b9 im Bass
– b9/13-Akkord mit b9, b7, 5 oder 3 im Bass
– Verminderter Akkord mit Grundton, bb7, b5 oder b3 im Bass
– Grundstellung des Moll-Septakkordes
– Grundstellung des Halbverminderten ohne b5
– 3. Umkehrung des Major-Sextakkordes ohne Terz
– 3. Umkehrung des Moll-Sextakkordes ohne Terz
– 2. Umkehrung des Moll-Sextakkordes
– 3. Umkehrung des halbverminderten Akkordes
5-3-b7
1-6-b3
3-1-b5
b9-b7-3
b9-b7-3
b7-5-b9
5-3-b7
3-b9-5
1-bb7-b3 bb7-b5-1
b5-b3-bb7 b3-1-b5
C7
Gm6
Em7b5
F#7alt.
F#7b9
A7b9
C7b9
Eb7b9
Gdim
Bbdim
C#dim
Edim
Gm7
Bbm6 1-b7-b3 1-b7-b3 6-5-1 6-5-1
Gm7b5
Bb6
Cm6
Am7b5 5-b3-6 b7-b5-1
Impressum:
Titelfoto: Manfred Pollert
weitere Fotonachweise
Seiten 1, 6, 14, 21, 33, 75, 87, 97, 100, 114: Manfred Pollert
Seiten 5, 9, 16, 17, 41, 46: Privatarchiv Ulrich Hofmeier
Seite 42: Max Keilbach
Seite 74: Lynn Redmile
Weitere Nachweise wie angegeben
Gestaltung: Manfred Pollert
Notensatz und Lektorat: Marian Menge
Produkton: Peter Finger
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„Das Thema ‚klassische Rhythmus-Gitarre’ scheint selbst professionellen Gitarristen manchmal ein Buch mit sieben Siegeln zu sein. Endlich liegt hier ein kompetentes Lehrwerk in deutscher Sprache vor, das in diese ‚Kunst im Verborgenen’ nicht nur einführt, sondern auch in die Tiefe geht. Gerade Arrangeure und Komponisten swingender Bigband- und ComboMusik sollten sich unbedingt damit auseinandersetzen. Doch darf man Geheimnisse dieser Art einfach ausplaudern? Ja, man muss! In the name of Swing!“
Christian Ludwig Mayer, Pianist, Komponist und Arrangeur
“Uli knows what he‘s talking about. He covers not just the style of Freddie Green but gives you an insight to Gypsy-style rhythm and players like Eddie Lang and Allan Reuss. If you want to learn the real thing about the different players and styles of jazz rhythm guitar this book is for you.“
James Chirillo, Gitarrist, Komponist, Arrangeur, u.a. beim Jazz at Lincoln Center Orchestra in New York
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„Mein Berliner Kollege Ulrich Hoffmeier steht in der Tradition legendärer Rhythmusgitarristen wie Bucky Pizzarelli, mit dem ich 2015 in New York ein Album aufnahm. Ich hoffe, das jetzt vorliegende Buch erreicht viele junge Gitarristen und die Kunst der Rhythmusgitarre erhält so auch in Zukunft die Wertschätzung, die sie verdient.“
David Rose, Sänger
“My friend Uli refined his rhythm guitar technique over decades of professional performances worldwide, most notably with the Max Raabe Palast Orchestra. This book shares his ideas, techniques and secrets.“
Michael Pettersen, Gitarrist in Chicago, betreut Freddie Greens HP www.freddiegreen.com