Einführung
Es gibt erschreckende Statistiken über „christliche“ Kinder2, die dem Glauben den Rücken kehren. Je nach Studie verlieren wir die überwiegende Mehrheit der Teenager, die in bibelgläubigen Familien aufgewachsen sind, zum Abschluss ihres ersten Jahres am College3. Man braucht kein Statistiker zu sein, um herauszufinden, dass mit unserer Kindererziehung etwas nicht stimmt.
Leider scheint keine unserer Bemühungen, diesen Trend aufzuhalten, zu funktionieren. Die Regale sind voll mit Büchern über neue, innovative Ansätze in der Jugendarbeit. Andere sagen, man müsse sie viel früher erreichen und ein besseres Fundament legen, und verweisen auf die Kinderarbeit. Wieder andere glauben, beide Arbeitsbereiche sollten zusammengeführt werden, damit der Übergang fließender geschähe und besser koordiniert wäre. Dieses Buch vertritt keinen dieser Ansätze.
Ich glaube, dass wir die Lösung an der falschen Stelle suchen: Unsere Kinder fallen doch nicht deshalb ab, weil die Gemeinde schlechte Arbeit machen würde – auch wenn das durchaus ein Faktor sein mag. Unsere Kinder fallen ab, weil wir von der Gemeinde4 verlangen, dass sie das tut, wozu Gott doch die Familie geschaffen hat: Anleitung in der Nachfolge und generationsübergreifender Glaube stehen und fallen mit dem Elternhaus. Die Rolle der Gemeinde dabei ist im besten Fall eine unterstützende „zur Ausrüstung der Heiligen für das Werk des Dienstes“ (Epheser 4,12 ELB).
Ich höre sie schon, die prompte Reaktion auf meine These, das nur allzu bekannte Mantra: „Das klingt ja gut, aber die Familien tun nun mal nicht das, was
2 Der Gebrauch des Wortes „Kind“ (children, kids) ist in diesem Buch sehr weit gefasst; es deckt auch die Altersgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen ab. (Anm. d. Übers.)
3 Das College ist die Grundstufe der Hochschulausbildung (Abschluss ähnlich dem Bachelor); die weitere akademische Laufbahn verfolgt man an der Universität oder (für den geistlichen Dienst) am „Seminar“. (Anm. d. Übers.)
4 Für „Gemeinde“ und „Kirche“ gibt es im Englischen nur ein Wort: church. „Kirche“ wird in diesem Buch meist als Sammelbegriff gebraucht, „Gemeinde“ eher für die einzelne, lokale Gemeinde, als die man zusammenkommt. Keinesfalls soll damit eine Abgrenzung der Denominationen angedeutet werden (Volkskirche/Freikirche/e.-V.-Gemeinde/nicht verfasste Gruppe von Christen). (Anm. d. Übers.)
GLAUBE ALS FAMILIENSACHE
sie tun sollten.“ Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft mir das schon gesagt wurde, und ich stimme voll und ganz zu. Wenn das so ist, frage ich mich, warum die Gemeinde nicht auch noch einen Dienst ins Leben ruft, der Namen für die Babys findet für den Fall, dass Familien keine guten Namen für ihre Kinder finden, oder einen Bibellese-Hilfsdienst für ihre Schäfchen, die sich für das Wort Gottes zu wenig Zeit nehmen? Vielleicht deshalb, weil wir überzeugt sind, es sei die Verantwortung des Einzelnen, sich Zeit zum Bibellesen zu nehmen, und weil wir unsere Aufgabe darin sehen, ihn zu lehren und zuzurüsten und dann zu erwarten, dass er tut, was die Bibel diesbezüglich lehrt.
Dieses Buch ist ein Versuch, den Ball zurückzuwerfen in das Spielfeld der Familie – es will die Familien motivieren, sie korrigieren, ermutigen und zurüsten, das zu tun, was Gott im Hinblick auf ihre Kinder gebietet. Die Bibel äußert sich klar darüber, was Gott von den Eltern erwartet und wie das zu erreichen ist. Leider sind die meisten Christen nicht in einem Elternhaus aufgewachsen, in dem diese Wahrheiten gelehrt wurden; somit wiederholen wir immer wieder die „Sünden der Väter“.
Vielleicht hilft es dem Leser zu wissen, dass auch ich im Elternhaus all das nicht gelehrt bekam – ich bin in einem nichtchristlichen Zuhause aufgewachsen. Meine frühesten Erinnerungen an Religion wurzeln in dem buddhistischen Glauben meiner Mutter. Außerdem wuchs ich nicht in einer Bilderbuch-Kernfamilie auf; ich wurde großgezogen in Los Angeles, und zwar in der drogenverseuchten, von Straßenbanden beherrschten Südstadt, von einer alleinerziehenden Mutter im Teenager-Alter. Sie tat angesichts ihrer Umstände wirklich ihr Bestes.
Tatsächlich hatten weder meine Frau noch ich eine Ahnung davon, wie eine gute christliche Familie aussehen und funktionieren sollte. Wir kamen beide aus zerrütteten Familien, unsere Mütter mussten die mühsame Aufgabe der Kindererziehung ganz allein bewältigen – ein Muster, das sich mehr als einmal in unseren Familien wiederholte. Wir kannten nur systematische, generationsübergreifende Dysfunktion.
Ich schreibe das alles nicht, um mit der Not und Sünde in unseren Familien anzugeben; und gewiss könnt ihr euch vorstellen, dass viele in unserer Verwandtschaft es gar nicht lustig finden, dass ich so offen darüber schreibe. Es wäre viel leichter, einfach so zu tun, als hätten wir immer ganz normal gelebt, auf der Sonnenseite des Lebens – aber das wäre schlicht und einfach gelogen. Meine Frau und ich lieben und schätzen unsere Herkunftsfamilien, in denen wir aufgewachsen sind; aber wir wollen ehrlich sein und die Tatsachen beim Namen nennen: Wie wir aufgezogen wurden, das war alles andere als ideal.
Ich will damit nicht sagen, dass ich aus einer Bande von Hooligans stamme, die alles hassen, was sich Familie nennt, oder dass ich in meinem Clan der ein-
EINFÜHRUNG
zige Gerechte wäre. Ich möchte nur, dass der Leser weiß: Bridget und ich haben es von der Pike auf lernen müssen. Und ich möchte, dass ihr wisst: Egal, wie schlimm eure Situation ist, auch ihr könnt aus dem Teufelskreis ausbrechen und ein Fundament legen, das eure Familie auf Generationen hinaus zum Guten verändert. Die Bibel ist das lebendige, atmende, lebensverändernde Wort Gottes. Gott lässt uns nicht im Dunkeln umhertappen und mühsam herausfinden, wie wir unsere Kinder gut erziehen und zu Jüngern Jesu machen können. Wenn Gott meine Frau und mich lehren konnte, wie wir nach seinem guten Plan Mann und Frau, Mutter und Vater sein können, dann schafft er das mit allen anderen auch.
Ich bete für euch, dass Gott euch beim Lesen die Augen öffnet für die unglaublichen Möglichkeiten, die euch offenstehen, wenn ihr euch bemüht, eure Kinder in der Obhut und Ermahnung des Herrn zu erziehen. Es wird Momente geben, in denen ihr „Amen“ ruft, und manchmal schreit ihr „Autsch!“; wie auch immer –denkt bitte daran: Ich habe den Brief nicht geschrieben, ich bin nur der Postbote. Und, noch wichtiger: Ich habe den Brief zuerst erhalten und selbst gelesen.
In diesem Buch findet ihr viele Wahrheiten aus der Bibel, die wir durch Ausprobieren und Fehler machen gelernt haben, während wir unser Bestes taten, um nach Gottes Art Familie zu bauen, inmitten einer Kultur, die von seinem Weg weit abgewichen ist, auch in der Gemeinde.
Die Lage der Dinge

„Es ist 10 Uhr abends. Wisst ihr, wo eure Kinder sind?“ Wenn ihr zur Generation meiner Mutter gehört, kennt ihr diesen Satz; wahrscheinlich habt ihr ihn jeden Abend gehört direkt vor den Spätnachrichten. Die Idee dahinter war ganz einfach: Eltern sollten dafür sorgen, dass ihre Kinder zu einer vernünftigen Zeit wieder zu Hause sind. Wer würde das bestreiten (abgesehen von einem Teenager, der möglichst lange ausbleiben möchte)?
Heute sollte die Frage so lauten: „Wisst ihr, wo eure Kinder geistlich stehen?“ Kennt der kleine Johnny die Geschichten der Bibel? Kennt Sally den Unterschied zwischen Jungfräulichkeit und Reinheit? Sind eure Kinder auf dem Weg zu einem verantwortungsbewussten Erwachsenwerden als Christ, oder schwimmen sie mit in dem alarmierenden neuen Trend, der dahin geht, dass die allermeisten „christlichen“ Kinder dem Glauben die kalte Schulter zeigen?
Während ich dieses Buch schrieb, hatte ich das Privileg, an der Palm Beach Atlantic University eine Predigtreihe zu halten; jeden Donnerstagmorgen predigte ich über das Männerbild der Bibel. Im Wesentlichen nahm ich Epheser 5,25-33 durch und forderte die jungen Männer und Frauen heraus, dem biblischen Standard gerecht zu werden und im Blick auf die Ehe ohne jeden Abstrich nichts Geringeres zu erwarten. Es war eine starke Erfahrung, und ich wusste: ich hatte einen Nerv getroffen.
Hinterher konnte ich mit einer Reihe von Studenten sprechen – so etwas hatten sie noch nie gehört. Sogar Dozenten und Mitarbeiter sagten: „Hätte mein Vater mir das nur vor zwanzig Jahren gesagt …“ Mehrere junge Damen fragten, ob sie unter vier Augen mit mir sprechen könnten, und nicht wenige junge Männer meinten: „Sie legen die Messlatte wirklich hoch.“ Der Campus vibrierte.
Beim Mittagessen setzte sich eine junge Frau zu mir. Was sie gehört hatte, machte ihr offensichtlich zu schaffen – sie holte tief Luft und erzählte dann ihre
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Geschichte. Es war herzzerreißend: Sie war einundzwanzig und in einer ernsthaften Beziehung zu einem jungen Mann. Sie sagte, sie liebte ihn sehr, aber von dem, was die Bibel eindeutig lehre, wie ein zukünftiger Ehemann sein müsse, davon wäre bei ihm nichts vorhanden. Sie kämpfte mit den Tränen: „Was soll ich nur tun?“
Ich fragte nach. Sie kannten einander seit über zwei Jahren, und es wäre ihnen „sehr ernst“. Mehr sagte sie dazu nicht, aber es hätte mich wirklich gewundert, wenn sie nicht miteinander intim geworden wären. Offensichtlich hatte sie sich schon länger mit der Frage geplagt, ob diese Beziehung eine Zukunft hätte; und was sie nun gehört hatte, gab ihr den Rest. Aber die Beziehung war so ernsthaft und nach dieser langen Zeit fragte sie sich, ob sie eine Selbsthilfegruppe bräuchte, um über die Trennung hinwegzukommen. Ich fragte sie, ob sie vielleicht eine reife Christin kenne, die ihr durch diese schwere Zeit helfen könnte: Sie kannte keine. Ich fragte sie, ob sie zu einer Bibellesegruppe gehörte, einem Hauskreis, einem Gebetskreis: Fehlanzeige. Ich fragte sie, ob sie regelmäßig zur Gemeinde ginge: Leider nein.
Eine halbe Stunde sprach ich mit der jungen Frau; und als sie aufgestanden war, versuchte ich, ihre Situation zu sehen als Vater einer fast gleich alten Tochter – und es brach mir das Herz: Diese junge Frau war in einer Gemeinde aufgewachsen. Sie kam aus einer guten Familie. Tatsächlich war ihre Familie so sehr darauf aus, ihr einen möglichst guten Start ins Leben zu geben, dass sie sie auf eine teure, private christliche Universität geschickt hatte – aber schon nach wenigen Jahren ging sie nicht mehr zur Gemeinde, dafür hatte sie zwei Jahre ihres Lebens in eine Beziehung zu einem jungen Mann investiert, der der Gemeinde ebenfalls den Rücken gekehrt hatte, und sie hatte ein Weltbild entwickelt, das alles andere als biblisch war.
Leider ist dies kein Einzelfall. Studien zufolge verlassen 70–88 Prozent der christlichen Teenager in den ersten beiden Jahren ihres Studiums die Gemeinde.5 Ihr habt richtig gelesen: Die amerikanische Christenheit hat einen Verlust von 8–9 von 10 Punkten in Sachen Erziehung zum Glauben. Stellt euch einmal vor, fast 90 Prozent unserer Schulabgänger könnten nicht lesen – die Eltern würden auf die Barrikaden gehen.
Ja, diese Zahlen sind unfassbar – aber leider keine Überraschung. In den letz-
5 T. C. Pinkney, Report to the Southern Baptist Convention Executive Committee, Nashville, Tennessee, September 18, 2001. – Pinkney berichtete, dass 70 % der Teenager, die an kirchlichen Jugendgruppen teilnehmen, innerhalb von zwei Jahren nach dem Highschool-Abschluss aufhören, zur Kirche zu gehen. Siehe auch den Report of the Southern Baptist Council on Family Life (2002), in dem berichtet wird, dass 88 % der Kinder aus evangelikalen Familien mit 18 Jahren die Kirche verlassen.
DIE L AGE DER DINGE
ten Jahren hat eine Reihe von Forschern herausgefunden, dass die große Mehrheit unserer Teenager, die noch zur Gemeinde gehen und sich Christen nennen, Glaubensüberzeugungen haben, die nicht mit dem christlichen Glauben übereinstimmen. So fand George Barna heraus, dass 85 Prozent der „wiedergeborenen Teenager“ nicht glauben, dass es eine absolute Wahrheit gebe.6 Über 60 Prozent stimmten der Aussage zu: „Man kann nichts mit Sicherheit wissen, außer das, was man selbst erlebt.“7 Über die Hälfte der Befragten glaubte, Jesus hätte als Mensch auch gesündigt!
Christian Smith und sein Forscherteam an der University of North Carolina in Chapel Hill führten die bisher größte Jugendstudie über Religion und Glauben durch, daraus entstand das Buch Soul Searching [Herzensprüfung]. Die landesweite Studie zu Jugendlichen in den USA ergab, dass sie zwar sehr religiös sind, dass ihre Religion aber weithin ambivalent, zwiespältig ist. Diese Schwammigkeit ist zum Großteil darauf zurückzuführen, dass geistlichen Fragen sehr viel weniger Zeit und Kraft gewidmet wird als z. B. dem Sport oder der Unterhaltung. Smith merkt an:
Unsere Untersuchungen deuten darauf hin, dass die religiösen Gemeinden den Kürzeren ziehen gegenüber der Schule und den Medien, wenn es um die Zeit und Aufmerksamkeit der Jugendlichen geht. Aus soziologischer Sicht haben Glaubensgemeinschaften in Sachen Persönlichkeitsbildung der Jugend einen Platz ganz unten am Tisch, und ihre Zeit ist knapp bemessen. Die anderen am Tisch der Jugendbildung sind mächtiger, sie sind lautstark, und sie bestimmen, was gespielt wird. So kennen die meisten Teenager allerhand Details über Fernsehschauspieler und Popstars, aber ihr Wissen über Mose und Jesus ist dürftig und vage. Die meisten Jugendlichen wissen Bescheid über die Gefahren von Alkohol am Steuer, Aids und Drogen, aber von den Kernwerten ihrer eigenen Tradition haben viele keine Ahnung. Viele Eltern legen eindeutig mehr Wert auf die Hausaufgaben und den Sport als auf den Besuch von Gottesdienst und Jugendkreis.8
6 George Barna, A Biblical Worldview Has a Radical Effect on a Person’s Life (The Barna Group, 2003), accessed March 29, 2005; available from http:// www.barna.org/FlexPage.aspx?Page=B arnaUpdate&BarnaUpdateID=154.
7 Ibid.
8 Christian Smith und Melinda Lundquist Denton, Soul Searching (New York: Oxford University Press, 2005), 270.
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So fanden Smith und sein Team heraus: „Die Mehrheit der amerikanischen Teenager scheint über Wahrheit in der Religion, über die Frage ‚Wer bin ichʻ und die Notwendigkeit einer Gemeindezugehörigkeit eher ganzheitliche, pluralistische und individualistische Ansichten zu vertreten.“9 Anders ausgedrückt: Die Kultur des säkularen Humanismus scheint Amerikas christliche Jugend vereinnahmt zu haben.
Deshalb sollten wir uns nicht wundern, wenn junge Menschen in Scharen den Gemeinden davonlaufen. Warum auch sollte irgendjemand einer Organisation angehören wollen, deren Ansichten er weitgehend nicht teilt? Wie könnte jemand einem Glaubenssystem die Treue halten, das mit seinem Leben nicht viel zu tun hat? Das Problem besteht nicht darin, dass diese Kinder das Christentum verlassen – das Problem ist, dass die meisten von ihnen gar keine Christen sind! Das jedenfalls bekunden sie selbst; folglich ist es nur logisch, dass sie die Gemeinde verlassen. Der Apostel Johannes trifft den Nagel auf den Kopf:
Sie sind von uns ausgegangen, aber sie waren nicht von uns. Denn wo sie von uns gewesen wären, so wären sie ja bei uns geblieben; aber es sollte offenbar werden, dass nicht alle von uns sind.
1.Johannes 2,19
Mir ist klar: Jetzt habe ich in ein Wespennest gestochen, aber das musste sein.
Denn was hilft es, wenn christliche Eltern fest glauben, ihre Kinder seien wiedergeboren, wenn die es in Wirklichkeit aber gar nicht sind? Was ist, wenn unsere Söhne und Töchter nur „so tun, als ob“ und gleichsam als Böcke unter Schafen durchs Leben gehen, oder als Unkraut im Weizenfeld stehen? Was, wenn das Vieroder Fünfjährige, das wir getauft haben – immerhin war es groß genug, um vor der Gemeinde zu stehen und nachzuplappern „Jesus wohnt in meinem Herzen“ –was, wenn es damit nur das sagte, was man ihm als „richtig“ beigebracht hatte?
Leider ist das unter Christen hierzulande alles andere als ungewöhnlich. Thom Rainers Studien unter den „Southern Baptists“ zeigen, dass „fast die Hälfte aller Gemeindemitglieder möglicherweise keine Christen sind“.10 Das ist beunruhigend, nicht nur für die Gemeinden der Southern Baptists; es ist be-
9 Ibid., 115.
10 Thom Rainer, „A Resurgence Not Yet Realized: Evangelistic Effectiveness in the Southern Baptist Convention Since 1979,“ The Southern Baptist Journal of Theology, Vol. 9, No. 1, Spring 2005, 63. – Rainers Untersuchungen ergaben, dass 31 % der Antwortenden angaben, sie seien definitiv keine Christen; die Antworten weiterer 14 % waren für eine Zuordnung zu unklar.
zeichnend für ein viel größeres Problem: Tausende, wenn nicht sogar Millionen von Menschen in unserem Land wurden manipuliert, gedrängt zu „Sprecht-mirnach“-Gebeten und Aufrufen á la „Wenn ihr eure geliebten Verstorbenen je wiedersehen wollt …“, ohne auch nur eine Spur der erneuernden Kraft des Geistes Gottes zu erleben.
Ich habe nicht vor, Eltern Zweifel einzujagen daran, dass ihre Kinder erlöst sind; ich versuche nur, einen dringend notwendigen Weckruf zu geben. Es ist, als wären christliche Eltern in unserem Land eingelullt worden und der Dieb wäre ungehindert hereingekommen, um uns unsere Kinder vor der Nase zu stehlen, zu würgen und umzubringen (Johannes 10,10). Ich habe dieses Buch nicht als ein Experte geschrieben, der alle Antworten kennt oder hat. Ich habe nur als Pastor in den letzten zehn Jahren diesen alarmierenden Trend beobachtet – zudem bin ich Vater und ich wünsche mir eine Familie, die durch einen generationsübergreifenden Glauben geprägt ist.
Das Leben hat zwei Seiten
Mein Leben hat zwei Seiten – eine private und eine berufliche. Einerseits bin ich Prediger, Schriftsteller, Ältester in einer Kirchengemeinde und Professor – diese Seite meines Lebens ist reich, erfüllt und lohnend. Hier nennt man mich „Herr Doktor“ und „Herr Pfarrer“. Diese Seite meines Lebens hat mich durch das ganze Land geführt, ich habe an vielen Orten gepredigt, gelehrt und Vorträge gehalten. Das ist die Seite meines Lebens, die Essen auf den Tisch bringt und mich vor Tausende von Menschen hinstellt. Es wäre mir ein Leichtes, in der beruflichen Seite meines Lebens aufzugehen; aber da ist noch eine andere Seite von mir, und die ist viel wichtiger.
Die wichtigste Seite meines Lebens ist diejenige, wo ich meine meist geliebten Titel trage: „Ehemann“ und „Vater“. Nichts auf dieser Welt bedeutet mir mehr als die Tatsache, dass ich Bridgets Ehemann und der Vater von Asher, Jasmine, Trey und Elijah bin. Wann immer ich das sage, kann ich die Leute fast denken hören: „Aber deine Beziehung zu Christus, sollte dir die nicht mehr bedeuten als dein Familienleben?“ Letzten Endes, denke ich, ist das wohl so. Allerdings ist meine Familie die Hauptbühne, auf der mein Wandel mit Christus Fleisch wird. Es ist ja gut, wenn ich eine persönliche Beziehung zu Jesus habe. Wenn ich jedoch stundenlang in der Bibel lese und bete und den Löwenanteil meiner Zeit in den Dienst an anderen investiere, dabei aber meine Aufgabe als Ehemann und Vater versäume, ist meine Beziehung zu Christus aus dem Gleichgewicht geraten oder, schlimmer noch: sie ist unecht und zur Heuchelei geworden.
GLAUBE ALS FAMILIENSACHE
Meine Beziehung zu meiner Frau und meinen Kindern verschafft meinem Wandel mit Christus Glaubwürdigkeit. Jesus machte diesen Punkt deutlich:
Da aber die Pharisäer hörten, wie er den Sadduzäern das Maul gestopft hatte, versammelten sie sich. Und einer unter ihnen, ein Schriftgelehrter, versuchte ihn und sprach: Meister, welches ist das vornehmste Gebot im Gesetz? Jesus aber sprach zu ihm: „Du sollst lieben Gott, deinen Herrn, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüte.“ Dies ist das vornehmste und größte Gebot. Das andere aber ist ihm gleich: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ In diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.
Matthäus 22,34-40
Wenn für mich meine Frau nicht meine Nächste ist, wer dann? Wie kann ich ernsthaft behaupten, ich würde mit Jesus leben, wenn ich die Menschen, die mir am nächsten stehen, nicht lieben kann?
Johannes bringt es noch treffender auf den Punkt:
Wer da sagt, er sei im Licht, und hasst seinen Bruder, der ist noch in der Finsternis. Wer seinen Bruder liebt, der bleibt im Licht, und ist kein Ärgernis bei ihm. Wer aber seinen Bruder hasst, der ist in der Finsternis und wandelt in der Finsternis und weiß nicht, wo er hingeht; denn die Finsternis hat seine Augen verblendet.
1.Johannes 2,9-11
Auch hier macht die Bibel deutlich: Der Prüfstein für meine Beziehung zum Himmel, das sind die Beziehungen auf Erden. Wenn ich Gott liebe, zeigt sich das in meiner Liebe zu meinen Brüdern und Schwestern (und besonders zu denen, die unter meinem Dach leben).
In der Tat hängt mein Stand als Diener des Evangeliums davon ab, wie gut ich mich als Ehemann und Vater führe. Ja, ein Pastor muss viele gute Eigenschaften haben; aber an Fähigkeiten muss jemand, der eine Gemeinde als Pastor leiten will, nur zweierlei mitbringen: Erstens muss er lehren können und zweitens seinem Hause gut vorstehen (siehe 1.Timotheus 3, Titus 1 und 1.Petrus 5). Mit anderen Worten: Wenn ich kein guter Ehemann bin, bin ich nicht geeignet, Gottes Volk zu leiten. Mehr noch: Wenn ich mich nicht in vorbildlicher Weise darum bemühe, meine Kinder zu erziehen in der „Zucht und Ermahnung des Herrn“
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IE L AGE DER DINGE
(SLT), dann habe ich kein Recht, die Herde Gottes zu hüten: „So aber jemand seinem eigenen Hause nicht weiß vorzustehen, wie wird er die Gemeinde Gottes versorgen?“ (1.Timotheus 3,5).
Leider ist dieser Gedanke den meisten Christen unseres Landes fremd; welche pastorale Findungskommission macht sich schon die Mühe, Frau und Kinder eines Bewerbers kennenzulernen, geschweige denn ihn zu Hause zu beobachten oder Leute zu befragen, die wirklich wissen, wie er seine Familie im Wort Gottes unterrichtet, Hausandacht hält, seine Kinder zur Ordnung ruft, sie unterweist und ermutigt, und ob er seine Frau liebt.
Das ist doch ein Thema für sich, sagt ihr? Ich versichere euch: Genau das ist der springende Punkt! Dass wir von jenen, die uns leiten, kein vorbildliches Familienleben mehr verlangen, ist ein Indiz dafür, dass wir in dieser Frage durch die Bank resigniert haben – ja, der Ausdruck „Pastors Kind“ ist inzwischen eine augenzwinkernde Bezeichnung für die schlecht erzogenen, rebellischen, oft vernachlässigten Söhne und Töchter unserer geistlichen Leiter. Wenn aber schon unsere Leiter, die Vorbilder, als Ehemänner und Väter versagen, welche Hoffnung gibt es dann noch für die anderen Familien?
Vom Ahnungslosen zum Veteranen
Meine Frau Bridget und ich heirateten in meinem zweiten Jahr am College, ich war gerade zwanzig Jahre alt geworden, ich hatte noch nicht einmal den Führerschein. Das weiß ich sicher, denn für das Aufgebot musste ich mich ausweisen können und das gab mir den Anstoß, die Fahrprüfung abzulegen. Wir waren zwei junge Leute und begaben uns auf eine herausfordernde Reise. Wir hatten keine Ahnung, wie unbequem es werden würde, und wir wussten auch nicht, wie bald die Schwierigkeiten einsetzen würden.
Als wir beide uns aufmachten, war uns klar, dass wir nicht viel Hilfe erwarten konnten; weder Bridget noch ich kommen aus einer idealen Familie – auf beiden Seiten zusammen gab es im Laufe der letzten beiden Generationen bei 25 Ehen 22 Scheidungen (eine der drei Ehen, die nicht geschieden wurden, ist die unsere!). Schon bald begriffen wir, dass wir uns nach anderen Vorbildern umsehen mussten.
Dieses Buch schildert letztlich unsere Reise: Aus dem ahnungslosen Zwanzigjährigen, der versuchte herauszufinden, wie man verheiratet bleibt, wurde ein 38-jähriger halbwegs kampferprobter, altgedienter Vater zweier Teenager, eines Kleinkinds und eines weiteren, das unterwegs ist. Im Laufe dieser Entwicklung wurde unsere Familie reich gesegnet; und ich habe gesehen, welch einen Un-
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terschied es ausmachen kann, wenn man das Modell der Bibel befolgt: Gott hat andere junge Paare an unsere Tür gebracht, die Rat suchten, weil sie an unserem Leben sahen, dass es funktionieren kann.
Noch wichtiger: Gott hat uns in unserer Familie gebraucht und andere konnten zuschauen, wie er wirkte. Eines der größten Komplimente, das ich je erhalten habe (zweimal), kam von zwei jüngeren Cousinen; in separaten Gesprächen über Ehe und Familie sagten beide: „Ich will nicht nur heiraten – ich will, was du und Bridget haben.“ Ich war überwältigt! Wenn ich mir unsere Familie anschaue, neige ich dazu, nur die Fehler zu sehen, die Stellen, an denen wir versagen und es besser machen müssen. Doch Gott gebraucht meine Mitmenschen, um mich daran zu erinnern, wie weit er uns gebracht hat.
Bridget und ich haben Jahre gebraucht, um herauszufinden, wie wir drei Verpflichtungen einhalten können: Erstens haben wir uns verpflichtet, zusammenzubleiben und als Paar weiterzukommen. Zweitens haben wir uns verpflichtet, in unsere Kinder zu investieren, damit auch sie samt ihren Kindern dem Glauben treu bleiben und wir gemeinsam Gott verherrlichen. Und schließlich haben wir uns verpflichtet, alles uns Mögliche zu tun, um auch anderen zu helfen, die ersten beiden Verpflichtungen selbst einzugehen und sie zu erfüllen.
Dieses Buch ist nur ein schwacher Versuch, der dritten, Verpflichtung gerecht zu werden.
Eine Breitbild-Familie in einer Vollbild-Welt
Meine Familie und ich, wir lieben Filme. Wir schreiben es in den Kalender, wenn ein neuer Familienfilm ins Kino kommt, und tun unser Möglichstes, um am ersten Spieltag hinzugehen. Auch zu Hause schauen wir uns gerne Filme an; wir haben ein ansehnliches DVD-Regal und manchmal kommen Freunde zu uns, um sich einen Film auszuleihen, statt in die Videothek zu gehen. Ab und zu machen wir sogar einen Filmabend und laden Freunde und Verwandte dazu ein – und viele davon sind Stammgäste!
Manchmal haben wir jedoch ein kleines Problem mit unseren weniger medienaffinen Besuchern. Gelegentlich entartet der Filmabend zum Debattenabend –nein, nicht, weil wir uns nicht einigen könnten, ob wir jetzt eine Komödie oder ein Drama anschauen sollten; unsere Differenzen gehen viel, viel tiefer. Vielleicht kennt ihr das auch, das gefürchtete „Breitbildformat oder Vollbild?“-Problem. Wisst ihr, wir sind überzeugte Breitbildformat-Fans; wir haben sogar schon Filme zurückgegeben, weil wir zu Hause feststellten, dass wir versehentlich die Vollbildversion gekauft hatten. Aber wir haben Freunde und Verwandte, die füh-
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len sich beim Breitbildformat betrogen, denn die schwarzen Ränder oben und unten rufen ihnen zu, dass ihnen etwas vorenthalten wird.
Die intensivste und ausdauerndste Debatte über Breitbild versus Vollbild, nämlich die zwischen meinem Schwager und mir, zog sich über Jahre hin! Auch nachdem ich meinen Standpunkt mehr als hinlänglich belegt hatte, hielt sie an.
Eines Tages waren wir beide unterwegs. Wir hatten alle Kinder dabei und beschlossen, kurz in unseren Lieblings-Elektronikladen zu gehen. Wie üblich wollten wir nur eine Sache kaufen und kamen mit zwölf Artikeln wieder heraus; und dann merkten wir, dass wir Onkel Kevin verloren hatten! Und wo fanden wir ihn? Er stand vor den riesigen-Flachbildschirmen und schaute sich den Schluss eines seiner Lieblingsfilme an – und wir jetzt auch. Es war die Marschkapellen-Szene von „Drumline“, und Kevin sagte zwei Sätze, die unsere Diskussion endgültig hätte beenden können.
Erstens sagte er: „Ich hab nie verstanden, was die Formation bedeuten sollte“; aber jetzt hatte er es gesehen: Auf dem Höhepunkt ihrer Aufführung bildet die Kapelle, von oben betrachtet, die Zahl 2001. Zweitens sagte er: „Jetzt verstehe ich, was ihr damit meint, dass ich ein Drittel des Films verpasst habe.“ Endlich! Nach all den Jahren hatte ich meinen Schwager endlich davon überzeugt, dass Filme im Kinoformat nur scheinbar einen Teil des Films wegschneiden – in Wirklichkeit ist es die „Vollbild“-Version, die den Betrachter betrügt. Was er dann sagte, das weiß ich heute noch; mit schonungsloser Ehrlichkeit schaute er mir in die Augen: „Diese schwarzen Balken kann ich trotzdem nicht ausstehen.“
Mit anderen Worten: Obwohl er sich nun der Vorteile von Breitbildfilmen vollkommen bewusst war, war er nicht bereit, die Welt des Vollbildes zu verlassen. Ich konnte nur noch den Kopf schütteln und weggehen. Schließlich gab er nach, und ich bin stolz darauf, sagen zu können: Inzwischen genießt er es, Filme im Kinoformat anzuschauen! Zugegeben, das war ein ziemlich alberner Streit zweier sehr rechthaberischer Männer; aber er ist ein schönes Bild für die Macht der Wahrnehmung und dafür, was einem entgehen kann, wenn man es nicht schafft, den Status quo zu hinterfragen.
Im Juni 2004 interviewte Bill OʼReilly die Autorin eines neuen Buches, Home Invasion (Invasion des Elternhauses). Rebecca Hagelin, Mutter von drei Kindern, hatte sehr strenge Ansichten über den Medien- und Unterhaltungskonsum ihrer Kinder. Mr. OʼReilly fragte die Frau, ob ihr siebzehnjähriger Sohn MTV schaue. Zu seinem Erstaunen verneinte die Autorin. Außerdem erklärte sie, dank dem EthikKompass, den sie und ihr Mann ihren Kindern mitgegeben hätten, verlange es ihren Sohn gar nicht danach, solcherlei zu konsumieren. Jetzt war OʼReilly völlig perplex. Er versuchte, es mit Humor zu überspielen, doch im Grunde sagte er
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damit: „Sie haben Glück, dass Sie Kinder haben, die bereit sind, solchen Unsinn mitzumachen.“ Einmal sagte er sogar: „Also, ich wäre abgehauen.“
Ich behaupte nicht, Bill OʼReilly spräche für die gesamte Elternschaft; aber seine Ansicht stimmt sehr gut überein mit dem, was ich von vielen christlichen Eltern gehört habe. Wie oft wurde meiner Frau und mir vorgehalten, wir würden unsere Kinder tyrannisieren, weil sie nur vier Stunden pro Woche fernsehen dürfen (der Durchschnitt in unserem Land ist viereinhalb bis fünf Stunden pro Tag), oder weil meine fünfzehnjährige Tochter nicht ausgehen darf. Dann kommt immer das übliche Totschlagargument: „Wenn die aufs College kommen, dann rasten die aus!“ Also, wenn ich mich an meine Zeit auf dem College erinnere, dann war keiner der „Wilden“ dort ein blutiger Anfänger. Keiner von ihnen stürzte sich in sexuelle Freizügigkeit, weil er im Elternhaus „zu stark eingeengt“ worden wäre. Die meisten von ihnen begaben sich einfach weiter hinein in die Ausschweifungen, mit denen sie zuvor hatten experimentieren dürfen.
Das Problem ist viel größer. Die Frage ist doch nicht, ob unsere Kinder später im Leben sündigen oder nicht. Die Frage ist: Verpflichtet die Bibel uns dazu, sie auf die Welt „vorzubereiten“, bevor sie das Elternhaus verlassen? Gibt es überhaupt eine biblische Rechtfertigung dafür, dass christliche Eltern ihren Kindern erlauben sollten, mit Gottlosigkeit herumzuspielen?
Viele Familien haben sich auf eine Haltung eingelassen, die man „Vollbildansicht von Elternschaft“ nennen könnte: Wir schauen uns den biblischen Auftrag an und vergleichen ihn mit dem, was in der Gesellschaft normal ist – und da scheint etwas zu fehlen. Wir befürchten, unseren Kindern irgendetwas vorzuenthalten, was sie beliebter machen würde, respektabler, „normaler“; also tauschen wir den biblischen Standard ein gegen die kulturelle Norm, und die liegt im unteren Mittelmaß. Plötzlich ändert sich, was wir unseren Kindern wünschen: Jetzt wollen wir für sie nur noch das, was „alle anderen Eltern“ für ihre Kinder wollen.
Das Ergebnis ist eine Generation, über die Christian Smith geschrieben hat: „Religion scheint im Leben und in der Erfahrung der meisten US-Teenager zunehmend ins Abseits und in den Hintergrund zu geraten.“11 Dieses Nischendasein ist völlig verständlich angesichts der geringen Bedeutung, die geistlichen Fragen beigemessen wird. Smith erklärt:
11 Smith, Soul Searching, 131.