Inhalt
Kapitel 1
Die ZufrieDenheit Des Christen – eine BesChreiBung 5
Kapitel 2
Das geheimnis Der ZufrieDenheit 35
Kapitel 3
Das geheimnis Der ZufrieDenheit – fortsetZung 53
Kapitel 4
Das geheimnis Der ZufrieDenheit – aBsChliessenDe Bemerkungen 73
Kapitel 5
Wie Christus ZufrieDenheit lehrt 87
Kapitel 6
Wie Christus ZufrieDenheit lehrt – aBsChliessenDe Bemerkungen 107
Kapitel 7
Die VortreffliChkeit Der ZufrieDenheit 125
Kapitel 8
Die ÜBel eines murrenDen geistes 147
Kapitel 9
Die ÜBel eines murrenDen geistes – aBsChliessenDe Bemerkungen 165
Kapitel 10
Die eskalation Der sÜnDe Des murrens 185
Kapitel 11
Die ausreDen eines unZufrieDenen herZens 203
Kapitel 12
Wie man ZufrieDenheit erlangt
Kapitel 13
Wie man ZufrieDenheit erlangt – aBsChliessenDe Bemerkungen 239
Beschreibung
Ich habe nämlich gelernt, mit der Lage zufrieden zu sein, in der ich mich befinde.
Phil 4,11
Dieser Text enthält ein sehr zeitgemäßes Mittel, um den ermattenden Geist der Heiligen in diesen traurigen und dem Verfall preisgegebenen Zeiten zu beleben. Die „Stunde der Versuchung“ (Offb 3,10) ist bereits über die ganze Welt hereingebrochen, um die Bewohner der Erde zu prüfen. Im Besonderen betrifft dies die Zeit der Drangsal Jakobs in unserem eigenen inwendigen Menschen.
Unser herausragender Apostel beschreibt in diesem Abschnitt des Evangeliums das besondere Wesen alles angewandten Glaubens. Wir können darin sehr klar von seiner eigenen Tüchtigkeit in der Schule des Christus lesen; auch davon, was jeder Christ, der die Kraft und die Zunahme der Gottesfurcht in seiner eigenen Seele erweisen möchte, notwendigerweise von ihm lernen muss.
Paulus verwendet diese Worte als ein deutliches Argument, um die Philipper davon zu überzeugen, dass er nicht nach großen Dingen in der Welt strebt. Ebenso bemüht er sich nicht um das Ihrige, sondern um sie selbst. Ihn verlangte nicht nach großem Reichtum. Sein Herz war von besseren Dingen eingenommen. „Nicht wegen des Mangels“, meint er, „sage ich das. Habe ich viel oder wenig – mein Herz ist in allem zufrieden; ich habe genug. Ich
habe nämlich gelernt, mit der Lage zufrieden zu sein, in der ich mich befinde.“
„Ich habe gelernt“ – In jeder Situation zufrieden zu sein erweist sich als eine großartige Kunst, als ein geistliches Geheimnis. Zufriedenheit muss gelernt werden, sie muss als ein Geheimnis erlernt werden. In Vers 12 bekräftigt er noch einmal: „Denn ich verstehe mich aufs Armsein, ich verstehe mich aber auch aufs Reichsein; ich bin mit allem und jedem vertraut.“ Das Wort, das mit vertraut übersetzt wird, leitet sich von jenem Ausdruck ab, der Geheimnis bedeutet. Es scheint, als meinte er: „Ich habe das Geheimnis dieser Angelegenheit gelernt.“ Zufriedenheit muss als ein großes Geheimnis erworben werden. Jene, die in dieser Kunst –die für den natürlichen Menschen wie Simsons Rätsel erscheinen mag – vollständig ausgebildet sind, haben ein tief greifendes Geheimnis entdeckt. „Ich habe es gelernt“ – Ich muss es nicht jetzt lernen, noch kannte ich zuerst diese Kunst; ich habe sie erworben, wenn auch unter viel Mühe. Und durch Gottes Gnade bin ich nun ein Meister in dieser Fertigkeit.
„… mit der Lage … in der ich mich befinde“ – Das Wort Lage ist nicht das ursprüngliche, doch meint der Ausdruck „in der ich mich befinde“ lediglich Folgendes: was auch immer mich betrifft oder mir widerfährt; sei es, dass ich wenig habe oder aber überhaupt nichts.
„… zufrieden zu sein“ – Der Begriff, der hier mit zufrieden übersetzt wird, trägt im Original viel Schönheit und Fülle in sich. Im strengen Sinn wird er nur Gott zugeschrieben, denn dieser bezeichnet sich selbst als Gott, der in sich alle Genüge hat, indem er in und mit sich alleine vollkommen zufrieden bleibt. Jedoch gefällt es ihm, der Schöpfung seine Fülle großzügig kundzutun, indem die Heiligen von Gott in Christus „Gnade um Gnade“ empfangen (Joh 1,16). Als Folge davon ist in ihnen dieselbe Gnade gegeben, gemäß „dem Maß der Gabe des Christus“ (Eph 4,7). Demnach sagt Paulus, er habe mit sich alle Genüge – soweit die Bedeutung dieses Begriffs.
Sie werden aber fragen: Trifft nun diese Selbstgenügsamkeit auf Paulus zu? Wie können wir mit uns selbst Genüge haben? Unser
Apostel behauptet an anderer Stelle: „Nicht dass wir von uns selber aus tüchtig wären, sodass wir uns etwas anrechnen dürften“ (2.Kor 3,5). Deshalb muss es wohl bedeuten, dass ich durch die Gnade Christi, die in mir wirksam ist, eine völlige Zufriedenheit in meinem eigenen Herzen trage. Obwohl ich keine äußeren Annehmlichkeiten und weltlichen Bequemlichkeiten habe, um meine Nöte stillen zu können, so habe ich in meiner Seele doch ausreichend Anteil an Christus, um mich in jeder Lage zufriedenzustellen. Diese Auslegung stimmt mit der Stelle in Sprüche 14,14 überein: „Von dem, was in ihm ist, [wird satt] der gute Mann“ (ELB 06).1 Auch jene Stelle kann hinzugezogen werden, in der Paulus von sich selbst behauptet: „… als solche, die nichts haben und doch alles besitzen“ (2.Kor 6,10). Er hatte ja ein Anrecht auf den Bund und die Verheißungen, die gewissermaßen alles in sich beinhalten. Und er hatte einen Anteil an Christus, der Quelle und dem Guten von allem. Kein Wunder also, dass er sagte, er war zufrieden, in welcher Lage er sich auch immer befand.
Hier sehen Sie die wahre Interpretation des Textes. Ich werde keine Aufgliederung der Worte vornehmen, denn ich beziehe mich nur deshalb auf sie, um die wichtigste Pflicht zu erfüllen: Um nämlich die Herzen von Gottes Leuten inmitten der Schwierigkeiten und Veränderungen, denen sie in diesen aufrüttelnden Zeiten begegnen, zur Ruhe zu bringen und zu trösten. Die lehrmäßige Folgerung lautet in wenigen Worten: Es gehört zur Pflicht, zur Ehre und zur Vorzüglichkeit eines Christen, das Geheimnis der christlichen Zufriedenheit gut zu beherrschen.
Diese Wahrheit des Evangeliums wird in der Schrift ausführlich behandelt. Wir betrachten eine oder zwei Parallelstellen, um diese zu bekräftigen. In 1.Timotheus 6,6 und in Vers 8 finden Sie sowohl die Pflicht als auch die Ehre dessen dargestellt. „Wenn wir aber Nahrung und Kleidung haben“, sagt er in Vers 8, „soll uns das genügen!“ – hier wird die Pflicht verdeutlicht. „Es ist allerdings die Gottesfurcht eine große Bereicherung“ (Vers 6) – hier wird die Ehre und Vortrefflichkeit dieser Wahrheit verdeutlicht, als wollte er nahelegen, dass die Gottesfurcht keine Bereicherung ist, es sei denn, sie geht mit der Zufriedenheit einher. Dieselbe
1 Elberfelder Bibel 2006, R. Brockhaus Verlag, Wuppertal 1985/1991/2006.